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Freitag, 1. November 2024

12 Jahre Gewalt und Vertreibung in Syrien: Millionen Menschen sind mit beispiellosem Leid konfrontiert / „Es gibt keine Sicherheit in Syrien“

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Köln (ots) –

Die internationale Gemeinschaft muss ihre Bemühungen um langfristigen Frieden und Entwicklung in Syrien über die derzeitige Erdbebenhilfe hinaus verstärken, mahnt die humanitäre Hilfsorganisation Islamic Relief, während die Syrienkrise sich zum 12. Mal jährt. Zwar kommen aktuell finanzielle Mittel für die Erdbebenhilfe in Syrien an, jedoch sind für den umfassenderen, von den Vereinten Nationen geleiteten Hilfsplan für die Syrienkrise 2023 gerade einmal fünf Prozent der Mittel bereitgestellt.

Die weltweite Aufmerksamkeit für die Krise in Syrien hat nachgelassen, doch das Ausmaß des Leids ist heute größer denn je. Die jüngsten Erdbeben haben die Zerstörung verschlimmert, die durch 12 Jahre Gewalt verursacht wurde. Der anhaltende Konflikt im Land hat zur weltweit größten Vertreibungskrise geführt und mehr als 13 Millionen Menschen aus ihrem zu Hause vertrieben.

Öffentliche Dienste wie Gesundheitseinrichtungen und Schulen sind durch jahrelange Bombardierungen, Versorgungsengpässe und nun das Erdbeben stark geschwächt worden. Die Wirtschaft ist am Boden zerstört. 90 Prozent der Menschen in Syrien leben heute in Armut, und Millionen sind nicht in der Lage, Arbeit zu finden oder ihre Familien zu ernähren.

Hunger, mangelnde Gesundheitsversorgung und psychische Krankheiten

Etwa die Hälfte aller Haushalte hat nicht genug zu essen, und die Zahl der Hungernden steigt rapide an. Islamic Relief beobachtet eine Zunahme der Kinderarbeit und der Frühverheiratung von jungen Mädchen, da die Familien ums Überleben kämpfen. Fast die Hälfte aller Kinder zeigt inzwischen Anzeichen von psychischen Problemen.

Während die Mittel für die Erdbebenhilfe jetzt ankommen, sind für den umfassenderen, von den Vereinten Nationen geleiteten Hilfsplan für die Syrienkrise 2023 gerade einmal fünf Prozent der Mittel bereitgestellt. Islamic Relief appelliert an die Regierungen, die Syrien in den letzten Jahren vernachlässigt haben, die Unterstützung für die Lebensgrundlagen, den Schutz und die Grundversorgung der Menschen wiederaufzunehmen.

Mehr Mittel für Wiederaufbau von Krankenhäusern und Schulen benötigt

Im Rahmen der Erdbebenhilfe in der Türkei traf eine internationale Islamic Relief-Delegation gemeinsam mit der Geschäftsführung von Islamic Relief Deutschland in der Region auch syrische Geflüchtete.Nach ihrem Bericht, liegen überall noch die Trümmer und Ruinen der Häuser. Die syrischen Geflüchteten, die vor schrecklicher Gewalt und Bombenangriffen geflohen sind und sich ein neues Leben aufzubauen versuchten, haben nun durch das Erdbeben das Wenige, was sie an Besitz besaßen, in wenigen Sekunden weggerissen bekommen.

Tarek Abdelalem und Nuri Köseli, Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland, geben an, dass das Erdbeben in den Kontext einer 12-jährigen Krise gestellt werden muss. Demnach müssen die Hilfsbemühungen langfristige Lösungen unterstützen, welche die in den letzten 12 Jahren beschädigte Infrastruktur wiederaufbauen, nicht nur diejenige der letzten Wochen. Millionen von Menschen in Syrien waren schon lange vor dem Erdbeben entwurzelt und obdachlos, und die Krankenhäuser leiden unter den jahrelangen Bombardierungen und der knappen Versorgung.

„Nach dem Erdbeben dürfen wir nicht einfach zum Status quo zurückkehren, sondern müssen in die Zukunft Syriens investieren, indem wir die Menschen bei der Sicherung ihres Lebensunterhalts unterstützen und öffentliche Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung und Bildung wiederherstellen.“, erklärt Tarek Abdelalem.

„Nach 12 langen und brutalen Jahren hat man das Gefühl, dass die Welt die Menschen in Syrien weitgehend vergessen hat. Mit dem Erdbeben erinnerte man sich wieder etwas an sie. Allerdings ist der Konflikt in Syrien eine der schlimmsten Krisen des 21. Jahrhunderts und es ist wichtig, dass wir die Menschen in dieser Zeit der großen Not nicht im Stich lassen.“, fügt Nuri Köseli hinzu.

Not in Lagern und die Angst vor Rückkehr: „Es gibt keine Sicherheit in Syrien.“

Die Mittel für die Unterstützung von Menschen, die vor der Gewalt geflohen sind, sind in den letzten Jahren zurückgegangen. Rund 6,8 Millionen Menschen sind heute Binnenvertriebene in Syrien und weitere 5,6 Millionen Geflüchtete – fast die Hälfte von ihnen Kinder – leben in anderen Ländern des Nahen Ostens. Viele sind hin- und hergerissen zwischen einem Leben in verzweifelter Not und der ständigen Angst vor einer Rückkehr in die Heimat.

Mona, eine syrische Geflüchtete im Libanon ist an Brustkrebs erkrankt und ihr Sohn muss behandelt werden, um Tumore an seinem Hals zu entfernen. Sie berichtet Islamic Relief von den Auswirkungen des Rückgangs der finanziellen Mittel für humanitäre Hilfe:

„In Syrien wurde bombardiert, gemordet, geprügelt und geschlachtet. Aber auch hier im Libanon ist unsere Situation schwierig und sie ist komplizierter geworden. Früher hatten wir eine Karte der Vereinten Nationen (um Lebensmittel und andere Hilfsgüter zu erhalten), aber jetzt wurde sie gestoppt. Wir konnten uns keine Kohle für die Heizung leisten, also mussten wir, um uns warm zu halten, alte Schuhe und alte Kleidung verbrennen. Ich verzweifele an diesem Leben. Unsere Situation im Libanon ist sehr schwierig, (aber) wir können auch nicht in unser Land zurückkehren. Wenn wir das täten, würde ich die Sicherheit meiner Kinder aufgeben. Es gibt keine Sicherheit in Syrien.“

Islamic Relief fordert auch Maßnahmen zur Verbesserung des Zugangs für humanitäre Hilfe innerhalb Syriens, z. B. durch die Genehmigung längerfristiger grenzüberschreitender Hilfe und die Sicherstellung, dass internationale Sanktionen die humanitäre Hilfe nicht behindern.

Derzeit läuft die Genehmigung des UN-Sicherheitsrats für den Transport von Hilfsgütern aus der Türkei über die Grenze zu Syrien alle sechs Monate aus, was es den humanitären Organisationen unmöglich macht, die benötigte nachhaltige und langfristige Unterstützung regelmäßiger zu planen und zu leisten. Sanktionen haben oft unbeabsichtigte Folgen, die zu Verzögerungen bei der Bereitstellung wichtiger Hilfe und zu Problemen beim Transfer von Mitteln für die humanitäre Arbeit nach Syrien führen. Vorübergehende humanitäre Ausnahmen, die für die Erdbebenhilfe gewährt wurden, müssen nun verlängert werden.

Pressekontakt:
Sara Ahmed Martinez, Pressereferentin
Telefon: 0221 200 499-2279
E-Mail: presse@islamicrelief.de
Original-Content von: Islamic Relief Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell
Quelle: ots

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