Köln (ots) –
Den Privaten Krankenversicherern bläst seit Jahren der Wind kräftig ins Gesicht. Beruhigend, wenn man da wenigstens weiß, dass der eigene Versicherer finanziell gut aufgestellt ist. DFSI Ratings hat deshalb 32 marktrelevante Anbieter auf Herz und Nieren untersucht. Die Ergebnisse des DFSI-Qualitätsratings 2023: Auf den ersten Platz kam auch in diesem Jahr die Allianz mit der Gesamtnote „Exzellent (1,0)“, dicht gefolgt von Signal Iduna und Barmenia, die jeweils die Gesamtnote „Sehr Gut (1,1)“ erreichten.
Als ob jahrelange Nullzinspolitik, Pandemie und hohe Inflation nicht genug wären – auch aus der Politik bekommt die Private Krankenversicherung (PKV) immer wieder Gegenwind. So kritisiert der Chef des PKV-Verbands, Thomas Brahm, Planspiele von Teilen der SPD und Grünen scharf. Demnach sollen die Beitragsbemessungs- und die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Jahr letztlich um rund 20.000 Euro angehoben werden. Für Bach „die Einführung einer Bürgerversicherung durch die Hintertür.“ Dürften nämlich erst Versicherte mit einem Jahreseinkommen von rund 90.000 Euro frei zwischen GKV und PKV wählen, würde die PKV langsam ausbluten. Indirekt wirft er Teilen der Ampelkoalition vor, die PKV aus ideologischen Gründen abschaffen zu wollen.
Dabei ist schon die derzeitige Lage an den Finanzmärkten für die PKV und ihre Versicherten herausfordernd genug. So nimmt die hohe Inflation die Gesundheitsbranche nicht aus – im Gegenteil. „Seit Jahren liegt die medizinische Inflation über der allgemeinen Inflation“, weiß Sebastian Ewy, Senior Analyst bei DFSI Ratings. Die Gründe dafür: teure medizinische Neuerungen, steigende Personalkosten und steigende Lebenserwartung. „Zieht nun die allgemeine Inflation deutlich stärker an als bisher, wird das auch die Medizinbranche treffen“, prognostiziert er. „Werden – wie derzeit absehbar – die Kosten für Arznei-, Pflege- und Hilfsmittel sowie die Personalkosten in die Höhe schießen, sind Beitragserhöhungen sehr wahrscheinlich.“
Doch die Inflation hat für die PKV auch einen kleinen positiven Aspekt: Denn die PKV profitiert auch von höheren Zinsen. Der Grund: Die Privaten Krankenversicherer haben insgesamt mehr als 310 Milliarden Euro am Kapitalmarkt angelegt. Meist in langlaufenden Staatsanleihen. Steigen die Zinsen, werfen neu erworbene Staatsanleihen mehr ab. „Jedoch werden die höheren Zinsen nicht so schnell bei den Kunden ankommen“, erwartet DFSI-Experte Ewy. Die Versicherer werden nicht von heute auf morgen das gesamte Anlagekapital umschichten, sondern lediglich „frisches Kapital“ und Gelder aus fälligen Anleihen. „Insgesamt gesehen, werden die höheren Zinsen Prämienerhöhungen nicht verhindern können, aber sie sollten sie zumindest etwas dämpfen können“, prognostiziert Sebastian Ewy.
Auch das also nicht unbedingt beruhigend für die 8,7 Millionen PKV-Vollversicherten und die 29,1 Millionen Menschen, die eine Private Krankenzusatzversicherung wie etwa Zahnzusatz- oder Krankenhauszusatz-Policen abgeschlossen haben. Sie alle müssen höhere Beiträge fürchten. Denn anders als in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) dürfen in der PKV vereinbarte Leistungen nicht gestrichen werden. Um auf höhere Kosten zu reagieren, bleibt als einzige Stellschraube die Anhebung der Beiträge – sowohl für Vollkosten- als auch für Zusatztarife.
„Für alle, die sich erstmals privat krankenversichern wollen oder planen, ihren privaten Krankenversicherer zu wechseln, ist es daher gerade jetzt wichtig zu wissen, ob ihr präferierter Krankenversicherer solide aufgestellt ist. Hat er bisher gut gewirtschaftet? Und blieben die Beiträge lange Zeit stabil?“ skizziert DFSI-Analyst Ewy wichtige Fragen. Er weiß: „Die Höhe der Beiträge und ihre künftige Entwicklung hängt auch von der finanziellen Substanzkraft des Anbieters ab.“
Die Substanzkraft gibt somit wichtige Hinweise darauf, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Versicherer auch in Zukunft moderat steigende Beiträge bieten kann.
Um beim Abschluss oder Wechsel Privater Kranken(zusatz)-Versicherungen Hilfestellung zu geben, hat die DFSI Ratings GmbH, eine Ausgründung des Deutschen Finanz-Service Instituts (DFSI) in Köln, wie in den Vorjahren auch 2023 Qualitätsratings zu den 32 wichtigsten in Deutschland aktiven Privaten Krankenversicherern erstellt. Diese zählen rund 99 Prozent aller PKV-Vollversicherten zu ihren Kunden. Für die Studie wurden bei jedem Versicherer die drei Bereiche finanzielle Substanzkraft, Produktqualität sowie Service akribisch durchleuchtet.
„Für Versicherungsvermittler, Neukunden und wechselwillige Bestandskunden bietet unser Qualitätsrating, das in dieser Form deutschlandweit einzigartig ist, eine einfache Möglichkeit, die Privaten Krankenversicherer zu ermitteln, bei denen Produktqualität, Service und Substanzkraft überdurchschnittlich sind“, erklärt DFSI-Senior Analyst Ewy.
Das zahlt sich für Kunden letztlich in Heller und Pfennig aus. Denn die Folgen einer geringen Substanzkraft können gravierend sein, läuft eine Krankenversicherung doch meist über Jahrzehnte. „Daher sollte bei Abschluss unbedingt überprüft werden, ob der Versicherer auch in 20, 30 oder gar 40 Jahren – also dann, wenn der gealterte Versicherte höhere Gesundheitskosten hat – die eingegangenen Verpflichtungen höchstwahrscheinlich noch erfüllen kann“, rät Ewy. „Und das, ohne den Beitrag ständig erhöhen zu müssen.“
Einen Hinweis darauf, ob das nach heutigem Wissensstand möglich sein wird, liefert im DFSI-Qualitätsrating die Substanzkraftquote. Diese wird aus Eigenkapital, Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (RfB), Stillen Reserven/Lasten sowie Alterungsrückstellungen errechnet. Zudem wird untersucht, wie rentabel Versicherer die Gelder ihrer Kunden anlegen. „Dafür betrachten wir die Nettoverzinsung der Kapitalanlagen“, erläutert DFSI-Experte Ewy, „da ein schlechtes Kapitalanlageergebnis schnell zu höheren Beiträgen führen kann.“ Auch das versicherungstechnische Ergebnis – vereinfacht gesagt der Saldo aus Einnahmen und Ausgaben -, der Marktanteil und die Entwicklung der Versichertenanzahl werden im DFSI-Qualitätsrating berücksichtigt. Denn über die Jahre macht es auch bei der Finanzstärke einen deutlichen Unterschied, ob ein Versicherer stetig Kunden verliert oder hinzugewinnt.
Zu guter Letzt fließt in die Bewertung der Substanzkraft auch die von Aufsichtsbehörden geforderte Solvency-II-Quote (kurz SCR-Quote) ein. Liegt die um Übergangsmaßnahmen bereinigte SCR-Quote unter 100 Prozent, werden von der ermittelten Substanzkraft 50 Punkte abgezogen. „Das ist unserer Meinung nach durchaus gerechtfertigt. Denn diese Anbieter können die gesetzlichen Vorgaben derzeit nicht ohne Übergangsmaßnahmen erfüllen“, erläutert Ewy. „Jedoch muss man konstatieren, dass trotz der jahrelang herausfordernden Zinssituation die Substanzkraft der von uns untersuchten Privaten Krankenversicherern in der Regel solide ist.“
Was dann letztlich den Produkten zugute kommt. Denn Substanzkraft und Produktqualität bedingen sich gegenseitig. So führt eine schlechte Produktgestaltung mittel- und langfristig zu einer Senkung der Finanzkraft des Versicherers. Andererseits kann fehlende Finanzkraft zu suboptimalen Produkten führen.
Zur Ermittlung der Produktqualität wird auf Produkttests Privater Vollkostentarife, Privater Kranken-Zusatzpolicen sowie Privater Pflegeversicherungen zurückgegriffen, die das DFSI in den vergangenen zwölf Monaten durchgeführt hat. Diese fließen zu 70 Prozent in die Teil-Note zur Produktqualität ein. Die Produkttransparenz trägt die restlichen 30 Prozent dazu bei.
Der Kundenservice ist der dritte Bereich der umfassenden Qualitätsbeurteilung. Ist ein guter Service – für Vermittler und für Versicherte – doch wichtig, um sich als Krankenversicherer positiv von der Konkurrenz abzuheben. Als Datenbasis nutzte die DFSI Ratings GmbH hier die Bafin-Beschwerdestatistik sowie DFSI-Tests zu Gesundheitsservices.
In die Gesamt-Note der aktuellen DFSI-Studie zur Qualität Privater Krankenversicherer fließen dann Substanzkraft und Produktqualität mit je 40 Prozent ein, der Bereich Service mit 20 Prozent.
Die Ergebnisse: Den ersten Platz im DFSI-Qualitätsrating Privater Krankenversicherer errang wie schon in den Vorjahren die Allianz mit der Gesamtnote „Exzellent (1,0)“. Signal Iduna und Barmenia folgen knapp dahinter – sie erreichten jeweils die Gesamtnote „Sehr Gut (1,1)“. Weitere sechs Versicherer bekamen zwar ebenfalls die Note „Sehr Gut“ – allerdings in den Abstufungen 1,2 bis 1,5. Auf die Gesamtnote „Gut“ kamen insgesamt 22 PKV-Anbieter. Die Note „Befriedigend“ musste hingegen nur ein einziges Mal vergeben werden.
Mehr Informationen zu den Ergebnissen des Ratings finden Sie unter https://www.dfsi-ratings.de
DFSI Ratings GmbH ist eine unabhängige Agentur für Qualitätsratings im Versicherungssektor. DFSI Ratings GmbH bietet seit 2014 Qualitätsratings an, die aus Sicht von Privatkunden die Unternehmensqualität von Versicherern und Gesetzlichen Krankenkassen darstellen. Dabei werden keine Bonitätsratings für Investoren und/oder Anleger erstellt. DFSI Ratings GmbH hat bei Versicherern und Gesetzlichen Krankenkassen mit über 100 Ratings die höchste Abdeckung veröffentlichter Qualitätsratings im deutschen Markt.
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