Brüssel (ots) –
Lokale industrielle und handwerkliche Erzeugnisse müssen wirksam gefördert und vor Fälschungen geschützt werden, um die derzeitige Rechtsunsicherheit zu beseitigen, die sich aus der Vielzahl unterschiedlicher Vorschriften in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten ergibt. Daher fordern die Regionen und Städte der EU klarere und besser koordinierte Vorschriften, einschließlich der Einführung eines gemeinsamen Registers geografischer Angaben, das den Verbraucherinnen und Verbrauchern, den Erzeugern sowie den nationalen und lokalen Behörden den Zugang zu Informationen erleichtert. So lautet die zentrale Botschaft der Stellungnahme von Martine Pinville, Mitglied des Regionalrats der Region Nouvelle-Aquitaine, die am Dienstag, 11. Oktober, vom Europäischen Ausschuss der Regionen (AdR) einstimmig verabschiedet wurde.
Europäische Handwerkskunst ist in der gesamten EU in Städten, Provinzen und Regionen in großer Vielfalt zu finden. Solinger Messer aus Deutschland, böhmisches Kristallglas aus der Tschechischen Republik, Porzellan aus dem französischen Limoges oder Muranoglas aus Italien – alle Produkte stehen symbolhaft für jahrhundertealte Handwerkstradition und sind Teil des kulturellen Erbes Europas.
Nachdem die Europäische Kommission die Vorschläge aus der AdR-Stellungnahme zum gleichen Thema vor einem Jahr aufgegriffen hatte, unterstützt der AdR die Kommission mit dieser Stellungnahme zu dem neu gefassten Legislativvorschlag bei der Einrichtung eines EU-Systems zum Schutz geografischer Angaben für diese Erzeugnisse und bei der Einbeziehung der Regionen, in denen Handwerk und Industrie in dieser Weise arbeiten. Auf diese Weise könnte der Schutz typischer Erzeugnisse den Regionen zugutekommen und deren Attraktivität für Fachkräfte erhöhen, zur Wahrung ihres kulturellen Erbes beitragen und der Tourismusbranche neue Möglichkeiten eröffnen. In der Stellungnahme zu der Neufassung wird der Ansatz der Kommission begrüßt, der die Vorschläge des AdR aus der im Oktober 2021 verabschiedeten Stellungnahme berücksichtigt.
Isolde Ries, Bezirksbürgermeisterin des Saarbrücker Stadtbezirks West, sagte: „Europäische Regionen verfügen über eine Vielzahl gewerblicher und industrieller Produkte, die bisher nur auf nationaler Ebene geschützt werden können. Dieser Flickenteppich nationaler Systeme muss ein Ende haben. Hier kann die EU ihren Mehrwert aufzeigen und Porzellan, Schmuck und Textilien auf europäischer Ebene genauso schützen wie dies bereits für Getränke und Lebensmittel der Fall ist. Ich begrüße, dass die Europäische Kommission den Vorschlag des AdRs aufgegriffen hat eine rechtliche Grundlage dafür zu schaffen.“
Die Mitglieder regten zudem an, dass die EU-Maßnahmen einführen sollte, um die Zertifizierung zu fördern und Fachkräfte und Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen für industrielle und handwerkliche Erzeugnisse mit geografischen Angaben zu unterstützen.
Insbesondere wird in der Stellungnahme zu der Neufassung ein gemeinsames Register gefordert, das den Verbrauchern, Erzeugern und lokalen und regionalen Gebietskörperschaften den Zugang zu Informationen erleichtern würde. Insbesondere wird auf die Besonderheit und Vielfalt der Erzeugnisse sowie der wirtschaftlichen Ökosysteme hingewiesen. In der Stellungnahme wird ferner empfohlen, die vorgeschlagene Definition „handwerklicher Erzeugnisse“ zu erweitern, da die Definition der Kommission nicht der Praxis in einigen Mitgliedstaaten entspricht. Die Definition sollte dahingehend überarbeitet werden, dass sie die in der EU bestehenden Herstellungsverfahren umfasst, unabhängig davon, ob es sich um vollständig manuelle, mechanische oder gemischte Verfahren handelt. Innovation und Forschung in Bezug auf diese Erzeugnisse dürfen weder durch die Produktspezifikation noch durch eine zu enge Auslegung der Begriffe „Tradition“ und „traditionell“ behindert werden.
Hintergrund
Am 13. April 2022 schlug die Europäische Kommission einen ersten Rahmen zum Schutz des geistigen Eigentums an handwerklichen und industriellen Erzeugnissen auf der Grundlage der Originalität und Echtheit traditioneller Praktiken aus den europäischen Regionen vor, nachdem der AdR die Kommission in einer Initiativstellungnahme im Oktober 2021 aufgefordert hatte, einen Vorschlag für eine Rechtsgrundlage zum Schutz geografischer Angaben für industrielle und handwerkliche Erzeugnisse in der Europäischen Union auszuarbeiten. Den Erzeugern fehlt es bislang an einem Schutz durch eine EU-Kennzeichnung, die den Ursprung und das Ansehen ihrer Erzeugnisse mit ihrer Qualität verknüpft, während es für landwirtschaftliche Erzeugnisse bereits vergleichbare Bestimmungen gibt. Mit diesem Vorschlag will die Kommission den Herstellern helfen, handwerkliche und industrielle Erzeugnisse aus ihrer Region und traditionelles Know-how in Europa und weltweit besser zu schützen.
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